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Dienstag, 12. Februar 2013

Drogen im Alltag

Heute im Zug habe ich eine Entscheidung getroffen. Keine Videos, kein Fernseher welcher Art für den heutigen und morgigen Tag.
Ich habe keine Erfahrungen mit "echten" Drogen. Aber ich habe mir sagen lassen, man werde total euphorisch. Und dann kommt offenbar der Absturz, man fühlt sich tausend Mal schlechter als man sich im nüchternen Zustand fühlen würde. Und man kann nur an eines denken: die nächste Dosis, der nächste Schuss. Hauptsache, man muss sich nicht spüren, Hauptsache, man muss diese negativen Gefühle nicht durchstehen.
Wenn man dann den körperlichen Entzug geschafft hat, ist es noch lange nicht vorbei. Wenn es einem schlecht geht, wenn man sich Sorgen ums Geld macht, wenn der Chef mies gelaunt ist - dann denkt man nur daran: Wenn ich jetzt nur ein bisschen Stoff hätte, dann...
Mein Fernsehkonsum nimmt teilweise solche Züge an. Dass ich denke: hey, jetzt hast du miese Laune - schau doch einfach ein bisschen fern, dann gehts dir wieder besser. Trugschluss. Es geht mir nicht besser. Ich spüre mich nicht mehr, ich bin nach zwei Stunden Fernsehen beduselt als hätte ich zu stark an der Flasche genuckelt. Aber besser gehts mir nicht. Sobald die Wirkung nachlässt und ich mich langsam wieder wahrnehme, sind alle Probleme und Sorgen wieder da. Mal abgesehen davon - wenn ich merke, wie viel kostbare Lebenszeit ich im Dämmerzustand verbracht habe, fühle ich mich nicht gerade toll. Das Leben ist viel zu schade, um es auf diese Art zu verbringen.
Meine Droge der Wahl ist das Fernsehen. Ich kenne auch Leute, die gehen einkaufen. Wann immer sie schlechte Laune haben, kaufen sie sich etwas. Oder diejenigen, die von ihrer Arbeit nicht loskommen, nicht einmal am Samstagabend. Glaubt mir, man kann von seinen Problemen nicht davonlaufen. Auch positives Denken wird nicht funktionieren - einen beschissenen Tag kann man sich nicht schöndenken.

Es gibt verschiedenste Arten, negative Gefühle loszuwerden. Am meisten hilft es meiner Erfahrung nach, sie auszudrücken. Jemandem davon erzählen, es aufschreiben, vielleicht auch nur ins Tagebuch, ein wütendes Klavierstück spielen, eine traurige Geschichte schreiben, sehnsüchtig tanzen...

So, und jetzt drückt mir die Daumen, dass ich heute und morgen durchhalte. Ich drück euch dafür im Gegenzug die Daumen, wenns bei euch soweit ist.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Langsamkeit braucht Mut


Ich hab kürzlich ein Experiment gemacht. Ich bin langsam durch die Bahnhofshalle des Zürcher Hauptbahnhofs gegangen. Ungewöhnlich? Radikal? Vielleicht radikaler, als man denkt.

Wer verkehrt auf eine Autobahn drauf fährt und als Geisterfahrer unterwegs ist, sollte eigentlich auf den Seitenstreifen und vor allen Dingen: bremsen. Logisch, oder? Was manche aber intuitiv machen, ist das genaue Gegenteil. Man fährt in Schlangenlinien um die entgegenkommenden Autos rum, gibt vor lauter Panik noch mehr Gas und wird dann schliesslich gebremst, indem man in ein oder mehrere Autos knallt.

Genau so haben sich die Leute verhalten. Sie rasten in einem Affenzahn direkt auf mich zu, obwohl ich doch ganz gemütlich meines Wegs gegangen bin. Ich war schon aus 10 Metern Distanz sichtbar, trotzdem sind sie teilweise erst 30cm vor meiner Nase ausgewichen. Teilweise kam ich mir fast asozial vor, weil ich nicht sofort zur Seite gerannt bin, wenn jemand auf mich zurannte.

Das Experiment war nicht bewusst angelegt. Ich war einfach kränkelnd und erschöpft und mein Zug fuhr erst in einer halben Stunde. Ich brachte die Energie einfach nicht mehr auf, wie eine Verrückte durch den Bahnhof zu rennen, wie ich es schon oft getan hatte. Irgendwie ist es bedenkenswert, dass ich erst jetzt runter bremsen kann, wo ich mir eine ziemlich üble Erkältung zugezogen habe. Vielleicht braucht es im Leben ja wirklich manchmal einen "Crash", damit man wieder merkt, was im Leben wichtig ist.

Wenn ich die Leute hier am Bahnhof rennen sehe, frage ich mich, weshalb sie das tun. Eine halbe Stunde früher zu Hause? Lohnt sich das, wenn man völlig gestresst zu Hause ankommt? Oder rennen sie vor den eigenen Gefühlen davon? Glaub mir, vor denen kann man nicht davon rennen, die holen einen immer ein. Immer. Dabei gäbe es vielleicht den einen oder anderen Moment, der einem den Feierabend versüssen könnte. Gerade in der Weihnachtszeit gibt es wunderschöne Lichterstimmungen. Wieso nicht einmal einen Moment anhalten und sie geniessen?

Dienstag, 13. November 2012

Das gute Karma stärken

Manchmal sitzt am im Büro und würde am liebsten jedem Schmerzen zufügen, der es wagt, einen anzusprechen. Man arbeitet gerade an einer komplexen Aufgabe und alle fünf Minuten redet einer dazwischen. Selig sind die, die ein Büro mit abschliessbarer Tür haben. Ist bei mir leider nicht der Fall - mein Büro hat überhaupt keine Tür. Single-Tasking statt Multitasking? Das wäre überhaupt kein Problem, gäbe es da nicht die lieben KollegInnen und vor allem den Chef.

Was tut man in so einem Fall? Wir wissen ja alle, dass das miese Karma sich ausbreitet und einem den ganzen Tag (die ganze Woche/das ganze Jahr) zur Hölle machen kann. Mein Rat für diesen Fall: eine Pause am Schreibtisch.

Musik: hilft gegen das ständige Telefonklingeln, die Gespräche der KollegInnen. Einfach mal für drei oder vier Minuten einen Song einlegen und abschalten. Dauerberieselung ist nicht zu empfehlen, da die Konzentration zu stark darunter leidet.

Ferien: richtige Ferien wären natürlich etwas Schönes. Wenn das nicht möglich ist: die alten Ferienfotos auf Facebook durchschauen, nach früheren Ferienorten googeln und für drei Minuten abtauchen in die Erinnerungen an den Salzgeruch, den Wind und das gute Essen.

Inspiration: hilft gegen Motivationsmangel. Erinnere dich daran, was deine Ziele sind, beruflich oder privat - hole dir eine Dosis Inspiration aus dem Netz. Seien es Videos, Artikel oder Podcasts. Erinnere dich daran, weshalb du existiert, was dich antreibt, was dich morgens voller Energie aus dem Bett springen lässt. Aber besser nicht länger als fünf Minuten - sonst verdirbt der Ärger mit dem Chef das ganze gute Karma wieder ;-).

So, und falls jetzt jemand von euch noch weitere Tipps auf Lager für ein gutes Karma hat, bin ich gespannt.

Montag, 22. Oktober 2012

Winzige Schritte auf dem Weg zum sauberen Geschirr

Nach einiger Zeit des Stresses sieht meine Wohnung aus wie nach einem Anschlag. Ungewaschenes Geschirr stapelt sich, Zeitschriften, die gelesen werden wollen, Rechnungen, die bezahlt werden wollen, die Krümel auf dem Fussboden sind so unzählbar viele wie die Sterne am Himmel. Es macht keinen Spass mehr, nach Hause zu kommen.
Bei solchen Gelegenheiten wird mir bewusst: jeder Gegenstand benötigt meine Aufmerksamkeit. Jeder Gegenstand will irgendwo platziert werden, will abgestaubt oder sortiert werden. Ich kann in diesem Chaos nicht mehr denken. Es ist, als hätte sich das dreckige Geschirr nicht in meiner Küche, sondern in meinem Gehirn aufgestapelt. Und der Berg an Arbeit (in diesem Fall sogar visuell sichtbar) scheint unendlich gross. Wenn ich dann mal Zeit habe, dann werde ich, ja, dann werde ich sogar ganz sicher die Wohnung blitzblank sauber putzen. Wenn.
Ich habe kürzlich das "Wenn" mal gestrichen und mir gesagt: ich packe einfach das nächste an, was mir gerade auffällt. Es ist ungeheuerlich, wie viel ordentlicher eine Wohnung aussieht, wenn sie frisch gestaubsaugt ist. Und wie viel mehr Lust es bereitet, eine saubere Wohnung auch sauber zu halten. Und wie viel besser man denken kann, wenn man das Gehirn nicht ständig dazu benutzen muss, um einen freien Platz auf der Spülablage zu finden oder vor dem Kochen abzuwaschen, weil einem langsam das saubere Besteck ausgeht.
Deshalb mein aktuelles Motto: Fang mit einem winzigen Schritt an.

Mittwoch, 8. August 2012

Sendung auf Arte

In den nächsten sieben Tagen kann man hier eine Sendung zum Thema Plastikmüll anschauen - ist wirklich sehenswert: http://www.arte.tv/de/Sehen-Sie-die-Sendungen-_28wieder_29/6778730,CmC=6846342.html

Donnerstag, 19. Juli 2012

Wie man lernt, langsam zu gehen


Gestern war ich wie üblich im Multitasking-Modus. Aus der kleinen innerstädtischen Seilbahn raus, die Treppe runter... leider nicht gegangen, sondern gefallen, weil ich gleichzeitig auf meinem iPhone etwas tippte. Der Fuss tat extrem weh, ich konnte kaum mehr darauf stehen. In der Notaufnahme des Spitals erfuhr ich dann, dass es sich um ein mindestens gezerrtes, eventuell auch gerissenes Band im Sprunggelenk handle. Offenbar sei diese Verletzung bei ihnen  an der Tagesordnung. Resultat: eine Woche ruhig stellen mit Krücken, fünf Wochen eine Art Gipsschiene tragen. Wer einmal Krücken hatte, weiss: man geht damit relativ langsam im Vergleich zu der Vortbewegung mit zwei Beinen (jedenfalls, wenn man nicht gerade mit kräftigen Oberarmmuskeln ausgestattet ist). Während man zuvor mal "eben schnell" was aus der Küche holen konnte, wird diese Aktion jetzt zu einer grösseren Wanderung, die gut geplant sein will. Will man nicht nur etwas aus der Küche holen, sondern noch etwas dahin bringen, sollte man sich das vorher überlegen. Was aber das Erstaunlichste ist: Multitasking wird beinahe unmöglich. Nachdenken während des "Gehens" tut man automatisch nicht mehr, weil das Gehen die ganze Aufmerksamkeit beansprucht. Man lebt ständig im Hier und Jetzt. Das bedeutet aber nicht, dass sich jetzt jeder mal eben die Treppe runter stürzen sollte, um im Alltag langsamer und bewusster zu leben. Dafür gibt es weniger schmerzhafte Methoden wie Meditation oder auf Multitasking zu verzichten.

Die ganze Geschichte hat mich dazu gebracht, über die Rolle der Technologie nachzudenken. Im Alltag erfüllt die Technologie eine ähnliche Funktion wie ein Schnuller für das Baby. Ist es unzufrieden, hilft der Schnuller dagegen, ist es traurig, braucht es seinen Schnuller. Muss man 5min warten und kommt deswegen leichte Unzufriedenheit/Langeweile auf: Smartphone zücken. Nervt einen im Zug der telefonierende Nachbar: Smartphone zücken und Musik rein. Hat man zu Hause einen leichten Anflug von Langeweile und regnet es draussen: Laptop, Fernseher, alles dient als Schnuller gegen die innere Unzufriedenheit. Leider entfernt man sich dadurch auch immer mehr von der Realität. Auf der Strasse verpassen wir spannend aussehende Menschen, den leichten Geruch nach Schweiss im Bus oder das Gefühl der Langeweile, dem ein plötzlicher Geistesblitz folgt, weil unser Gehirn beim Ausruhen plötzlich kreativ wird. Nicht zu vergessen die spontanen Gespräche, die entstehen könnten. Normalerweise wirkt jemand mit dem Smartphone in der Hand recht abweisend.
Zu Hause wäre dann eher die Frage, ob Technologie die einzige Freizeitbeschäftigung bleiben muss. Am Laptop oder vor dem Fernseher vergessen wir die Zeit und plötzlich sind zwei Stunden vorbei, die wir vielleicht anders nutzen wollten. Es hilft, zwischendurch einfach mal bewusst Zeiten einzuplanen, in denen man raus geht, Sport macht, Bastelt, Musik macht oder ein Brettspiel aus der Kindheit wieder aufleben lässt. Das Leben ist zu kurz, um es ständig vor einem Bildschirm zu verbringen.


Und vielleicht noch eine These zum Schluss: das Leben bremst einen irgendwann gezwungenermassen aus, wenn man nicht selber bremst. Mein Unfall ist passiert, weil ich viel zu viel Tempo drauf hatte. Ich hatte mir an dem Tag keine Minute gegönnt, um mich in aller Ruhe wahrzunehmen oder um einfach mal dazusitzen und meine Umgebung zu beobachten. Arbeit, dann Einkäufe, rasch zur Bibliothek... Der "rasche" Ausflug dauerte dann zwei Stunden länger als normal. Dasselbe kann auch passieren, wenn man sich total überarbeitet und irgendwann mit der Grippe im Bett landet. Ausgeknockt.
"Pausen machen" heisst die Lösung.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Wie ich (beinahe) Vegetarierin wurde

Es war anfangs nur ein Experiment. Ich wollte einmal einen Monat lang ohne Fleisch auskommen. Einerseits, um ein wenig abzunehmen, andererseits, um einfach mal zu sehen, was dann passiert. Vorher informierte ich mich gut darüber, wie man sich ernähren muss, damit man trotzdem genug Eiweiss und Eisen hat (was beides im Fleisch reichlich vorhanden ist). Während dieser vier Wochen entdeckte ich Erstaunliches. Nach etwa einer Woche war diese innere Gier nach Fleisch weg. Weil ich mich nicht mehr auf meine Portion "Schnipo" (Schnitzel und Pommes) verlassen konnte, musste ich neue Speisen ausprobieren. Dabei fiel mir auf, dass in einer Mensa vier von fünf Menüs Fleisch enthalten. (Was ich übertrieben finde.) Und noch weiter fiel mir auf, was ich bisher alles für köstliche Gerichte grosszügig ignoriert hatte. Linsen, Tofu (ja, auch der kann lecker sein, besonders der geräucherte), Salate... es ging eine völlig neue Welt auf.
Anschliessend kehrte ich wieder zum Fleischkonsum zurück. Aber es war nicht mehr so exzessiv wie vorher. Ich hatte genügend Alternativen kennengelernt.
Inzwischen esse ich praktisch gar kein Fleisch mehr. Gerade gestern kam im Schweizer Fernsehen ein Bericht über die teilweise grausamen Haltungsbedingungen von Hühnern beim Billigfleisch. Ich gucke nicht bei meinen Freunden auf den Teller und sage: das solltest du nicht essen. Das muss jeder für sich entscheiden. Aber ich für mich kann es nicht verantworten, dass ich diese Haltungsbedingungen von Tieren mitfinanziere. Wenn ich in einem Restaurant klar deklariert habe, dass das Fleisch z.B. aus einem hiesigen Bauernhof mit guten Haltungsbedingungen stammt, mache ich auch mal eine Ausnahme. Manchmal ist das gar nicht nötig. Unsere Vorfahren haben vielleicht einmal die Woche Fleisch gegessen, wenn sie wohlhabend waren. Ich hab zeitenweise sogar täglich Fleisch gegessen und ich bin sicherlich nicht die Einzige.
Ein Freund schmunzelt immer wieder über mich, wenn ich versuche, möglichst wenig Abfall zu produzieren oder eben kein Fleisch esse. Weil er sagt, dass das in der grossen Masse sowieso keine Rolle spielt. Vielleicht tut es das tatsächlich nicht. Aber ich weiss, dass ich für mich das Richtige tue - und das ist wichtig. Wenn nur ein Huhn weniger ein so beschissenes Leben führen musste, weil ich darauf verzichtet habe, dann ist es mir das wert (entschuldigt die Ausdrucksweise).