Grundlagenseiten

Mittwoch, 11. Juli 2012

Wie ich (beinahe) Vegetarierin wurde

Es war anfangs nur ein Experiment. Ich wollte einmal einen Monat lang ohne Fleisch auskommen. Einerseits, um ein wenig abzunehmen, andererseits, um einfach mal zu sehen, was dann passiert. Vorher informierte ich mich gut darüber, wie man sich ernähren muss, damit man trotzdem genug Eiweiss und Eisen hat (was beides im Fleisch reichlich vorhanden ist). Während dieser vier Wochen entdeckte ich Erstaunliches. Nach etwa einer Woche war diese innere Gier nach Fleisch weg. Weil ich mich nicht mehr auf meine Portion "Schnipo" (Schnitzel und Pommes) verlassen konnte, musste ich neue Speisen ausprobieren. Dabei fiel mir auf, dass in einer Mensa vier von fünf Menüs Fleisch enthalten. (Was ich übertrieben finde.) Und noch weiter fiel mir auf, was ich bisher alles für köstliche Gerichte grosszügig ignoriert hatte. Linsen, Tofu (ja, auch der kann lecker sein, besonders der geräucherte), Salate... es ging eine völlig neue Welt auf.
Anschliessend kehrte ich wieder zum Fleischkonsum zurück. Aber es war nicht mehr so exzessiv wie vorher. Ich hatte genügend Alternativen kennengelernt.
Inzwischen esse ich praktisch gar kein Fleisch mehr. Gerade gestern kam im Schweizer Fernsehen ein Bericht über die teilweise grausamen Haltungsbedingungen von Hühnern beim Billigfleisch. Ich gucke nicht bei meinen Freunden auf den Teller und sage: das solltest du nicht essen. Das muss jeder für sich entscheiden. Aber ich für mich kann es nicht verantworten, dass ich diese Haltungsbedingungen von Tieren mitfinanziere. Wenn ich in einem Restaurant klar deklariert habe, dass das Fleisch z.B. aus einem hiesigen Bauernhof mit guten Haltungsbedingungen stammt, mache ich auch mal eine Ausnahme. Manchmal ist das gar nicht nötig. Unsere Vorfahren haben vielleicht einmal die Woche Fleisch gegessen, wenn sie wohlhabend waren. Ich hab zeitenweise sogar täglich Fleisch gegessen und ich bin sicherlich nicht die Einzige.
Ein Freund schmunzelt immer wieder über mich, wenn ich versuche, möglichst wenig Abfall zu produzieren oder eben kein Fleisch esse. Weil er sagt, dass das in der grossen Masse sowieso keine Rolle spielt. Vielleicht tut es das tatsächlich nicht. Aber ich weiss, dass ich für mich das Richtige tue - und das ist wichtig. Wenn nur ein Huhn weniger ein so beschissenes Leben führen musste, weil ich darauf verzichtet habe, dann ist es mir das wert (entschuldigt die Ausdrucksweise).

2 Kommentare:

  1. ich befinde mich auf dem weg zum minimalismus. ich habe erkannt, dass ich zu viel besitze und begonnen, besitz zu reduzieren. einiges schiebe ich immer vor mir her, aber ich weiß genau, wo der breaking point sitzt: bei meiner etwa 500 dvds umfassenden filmsammlung. wenn ich es geschafft habe, mich emotional (soweit fertig) und materiell von ihr zu trennen, bin ich auf einem anderen level angekommen.

    diesen vegetarismus-schritt habe ich spannenderweise sehr ähnlich erlebt: ich habe aufgrund einer wette nach einem lebenslangem durchschnittsfleischkonsum von 6-7 mahlzeiten pro woche drei monate lang gar kein fleisch gegessen. und gemerkt, es geht. nach einer woche fleischkonsum habe ich wieder komplett aufgehört und anfang dieses jahres dann auf "vielleicht ein mal im monat, aber wenn, dann bitte hochwertig und ethisch korrekt" gewechselt. bevor ich also mit minimalismus irgendwelche erfahrungen gesammelt habe, habe ich einen solchen schritt vollzogen - und damit eine schon lange währende erkenntnis auch umgesetzt. fühlte sich gut an.

    dieses gefühl, das richtige zu tun, will ich auch gerne auf den rest meines lebens meistern. aber: wie fange ich an? gibt es empfehlenswerte literatur, blogs, erfahrungsberichte, die über ein »fang einfach an« hinausgehen?

    ich werde über meine erfahrungen dann wohl auch bloggen, wenn es soweit ist. hilfst du mir, anzufangen?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es gibt zahlreiche Blogs zum Thema Minimalismus. Leider bisher nur in englischer Sprache. Der bekannteste ist wohl http://zenhabits.net/ von Leo Babauta. Rowdy Kittens mit ihrem "winzigen Haus" ist auch spannend: http://rowdykittens.com/.
      Literatur zu dem Thema gibt es ziemlich sicher (ich meine mich an ein wirtschafts-bezogenes Buch zu erinnern, bei dem es sich um die Konsumeinstellung drehte). Ich habe mich aber vor allem via den Online-Bereich informiert.

      Das Schöne am Minimalismus ist ja, dass man keine Religion daraus machen muss. Wenn du sagst, dass deine Filmsammlung dir wichtig ist und du sie in diesem Umfang behalten möchtest, kannst du sie auch behalten, ohne gegen irgendwelche "Regeln" zu verstossen. Wieviel für jeden nötig ist, muss jeder selbst bestimmen. Falls du dich dennoch daran wagen willst - ich hatte auch eine grosse Sammlung an DVDs. Man muss ja nicht alle loswerden. Ich hab alle diejenigen verschenkt oder in die Brockenstube gebracht, die nicht so toll waren. Es gibt bestimmt einige Filme, von denen du sagen musst: den muss ich kein zweites/drittes/viertes Mal sehen.
      Und als letzte Instanz hilft immer noch ein kleiner Trick: sortiere die "schlechten" Filme aus, lege sie in eine Schachtel in den Keller und notiere das Datum darauf. Wenn du nach einem Jahr auf den Karton stösst und keinen der Filme darin vermisst hast, kannst du sie getrost entsorgen.

      Viel Spass bei dem Abenteuer des Minimalismus! Ich bin gespannt, wie es bei dir läuft!

      Löschen