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Donnerstag, 6. Dezember 2012

Langsamkeit braucht Mut


Ich hab kürzlich ein Experiment gemacht. Ich bin langsam durch die Bahnhofshalle des Zürcher Hauptbahnhofs gegangen. Ungewöhnlich? Radikal? Vielleicht radikaler, als man denkt.

Wer verkehrt auf eine Autobahn drauf fährt und als Geisterfahrer unterwegs ist, sollte eigentlich auf den Seitenstreifen und vor allen Dingen: bremsen. Logisch, oder? Was manche aber intuitiv machen, ist das genaue Gegenteil. Man fährt in Schlangenlinien um die entgegenkommenden Autos rum, gibt vor lauter Panik noch mehr Gas und wird dann schliesslich gebremst, indem man in ein oder mehrere Autos knallt.

Genau so haben sich die Leute verhalten. Sie rasten in einem Affenzahn direkt auf mich zu, obwohl ich doch ganz gemütlich meines Wegs gegangen bin. Ich war schon aus 10 Metern Distanz sichtbar, trotzdem sind sie teilweise erst 30cm vor meiner Nase ausgewichen. Teilweise kam ich mir fast asozial vor, weil ich nicht sofort zur Seite gerannt bin, wenn jemand auf mich zurannte.

Das Experiment war nicht bewusst angelegt. Ich war einfach kränkelnd und erschöpft und mein Zug fuhr erst in einer halben Stunde. Ich brachte die Energie einfach nicht mehr auf, wie eine Verrückte durch den Bahnhof zu rennen, wie ich es schon oft getan hatte. Irgendwie ist es bedenkenswert, dass ich erst jetzt runter bremsen kann, wo ich mir eine ziemlich üble Erkältung zugezogen habe. Vielleicht braucht es im Leben ja wirklich manchmal einen "Crash", damit man wieder merkt, was im Leben wichtig ist.

Wenn ich die Leute hier am Bahnhof rennen sehe, frage ich mich, weshalb sie das tun. Eine halbe Stunde früher zu Hause? Lohnt sich das, wenn man völlig gestresst zu Hause ankommt? Oder rennen sie vor den eigenen Gefühlen davon? Glaub mir, vor denen kann man nicht davon rennen, die holen einen immer ein. Immer. Dabei gäbe es vielleicht den einen oder anderen Moment, der einem den Feierabend versüssen könnte. Gerade in der Weihnachtszeit gibt es wunderschöne Lichterstimmungen. Wieso nicht einmal einen Moment anhalten und sie geniessen?

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