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Dienstag, 27. Dezember 2011

Multitasking beim Essen

Ich bin die erste, die im Restaurant kritisch die Speisekarte durchleuchtet auf der Suche nach der perfekten Mahlzeit. Gut schmecken muss sie, kalorienarm sein und dann noch das "gewisse Etwas" haben, das meine Mahlzeiten im Alltag nicht haben. Ich bin die erste, die im Supermarkt allerlei leckere Kleinigkeiten zusammenkauft, um daraus etwas zauberhaftes zu kreieren. Ich bin ein Schleckmaul.
Und was tue ich? Ich setze mich vor meine köstliche Mahlzeit und klappe den Laptop auf. Youtube, Feeds, vielleicht auch die Tagesnachrichten - wozu immer ich Lust habe. Und dann transportiert meine Gabel mechanisch wie ein Schaufelbagger die Mahlzeiten zwischen der Basisstation Teller und meinem Mund hin und her. Mein Blick hängt gebannt am Geschehen. Kriegt sie ihn am Ende? Überlebt er es? Wer gewinnt die Bundesratswahlen?
Und wenn die Tagesschau zu Ende ist, wenn der Abspann vom Film erscheint, sitze ich vor meinem leeren Teller. Seit wann ist mein Teller schon leer? Ich weiss es nicht mehr. Das habe ich nicht mehr so ganz mitgekriegt. Mir ist schlecht, ich hab zu viel gegessen. Eigentlich wollte ich die Hälfte der Portion für morgen aufheben. 
Ein Blick auf die Uhr. Ich erschrecke. Schon so spät? In Eile räume ich die Teller weg. Ich fühle mich gestresst und unzufrieden. Genauso gut hätte ich getrocknetes Brot essen können - es hätte keinen Unterschied gemacht.

Hier mal eine kleine Auflistung, wann wir gerne (ich eingeschlossen) Multitasking mit der zweitschönsten Sache der Welt betreiben:

  • Essen beim Gehen, im Bus oder im Zug
  • Essen vor dem Fernseher
  • Essen mit technischen Gadgets (Laptop, Smartphone etc.)
  • Tagesplanung während des Essens
  • Grübeln, Sorgen machen während des Essens
Essen soll möglichst keine Zeit beanspruchen. Am besten Packung in die Mikrowelle, Mahlzeit raus und dann ab vor den Fernseher. Manche würden sich möglicherweise lieber per Infusion ernähren, als tatsächliches Essen zu sich zu nehmen. Als sei es ein lästiges Übel, als würde es uns von den wirklich wichtigen Dingen des Lebens abhalten.

Wenn man oder frau sich voll auf das Essen konzentrieren würde während des Essens, was würde dann passieren?
  • Die Mahlzeit wird zu einer Pause im hektischen Alltag. Man geniesst die Mahlzeit, vergisst den Stress und die Sorgen für eine halbe oder ganze Stunde. Und kehrt anschliessend entspannt und erholt zur Arbeit zurück.
  • Man isst gemässigter. Der Fernseher und die Gadgets halten einen davon ab, das eigene Sättigungsgefühl wahrzunehmen. Dadurch isst man sogar dann noch weiter, wenn man eigentlich schon genug hätte.
  • Es braucht weniger "Seelenstreichler". Man hat ein gutes Essen genossen. Es braucht deshalb weniger schnell eine Süssigkeit, einen Kaffee oder ein neues Buch.
  • Weniger Verdauungsprobleme. Beim bewussten Essen kauen wir die Mahlzeit besser - und besser gekautes Essen bedeutet weniger Arbeit für den Magen.
  • Geniale Ideen. Archimedes fand seine gute Idee in der Badewanne. Ideen finden sich oft ein, wenn man entspannt ist - auf der Toilette, unter der Dusche oder eben beim Essen.
Morgen werde ich deshalb ein Experiment starten: eine Woche lang kein Multitasking während der Mahlzeiten. Ihr werdet von mir hören.


*Für die weniger technisch Versierten: eine Festplatte, die zwei "Gehirne" hat und dadurch erst in hohem Tempo multitaskingfähig wird.

2 Kommentare:

  1. Auf deinen Bericht bin ich sehr gespannt. Nur zu essen und nix nebenher zu tun, ist leider auch eine von meinen schlechten Angewohnheiten. Entweder läuft der Fernseher, der Laptop oder ich lese nebenher.

    Leo Babauta ( ich nehme an, er ist dir ein Begriff ) sagt man solle immer nur eine Gewohnheit auf einmal ändern. Vor zwei Monaten habe ich wieder mit dem Meditieren angefangen, nun wäre ich bereit für eine weitere gute Gewohnheit und schließe mich dir spontan an.
    Liebe Grüße
    Elke

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  2. Ja, Leo Babauta ist mir ein Begriff. Ich muss leider zugeben, dass ich es nicht geschafft habe, eine Woche durchzuhalten. Mir ist aufgefallen, dass man das Essen erst richtig schmeckt, wenn man keine Ablenkung dabei hat. Und dass man spürt, wie man satt wird. Wenn man ständig abgelenkt ist, passiert es viel schneller, dass man zuviel isst. Leider bin ich ein eher hektischer Mensch und völlige Ruhe behagt mir gar nicht (was nicht zuletzt mit meinem Tinnitus zusammenhängt). Aber vielleicht war mein Ziel zu hoch gegriffen. Wenn du schon so fleissig loslegst, dann ziehe ich mal mit einem Mini-Ziel nach. Ich verfasse mal eben einen neuen Artikel, damit der Rest der Leserschaft das auch mitbekommt. Vielen Dank für deine Anregung!

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